Coronas Folgefolgen in Äthiopien

Coronas Folgefolgen in Äthiopien

Coronas Folgefolgen
Über die unmittelbaren Auswirkungen der Covid-19-Pandemie wird bekanntermaßen hinlänglich berichtet. Täglich wird man mit aktuellen Infektionszahlen und Hinweisen zur Ausbreitung sowie mit konkreten Darstellungen zum möglichen Verlauf der Krankheit versorgt. Was ist jedoch mit den Folgen der Folgen von Corona; gemeint sind die Auswirkungen der Lockdowns? Die Effekte auf die hiesige Wirtschaft, insbesondere auf die Gastronomie- und Hotellerie-Branche werden zwar breit diskutiert.
Wie sieht es jedoch mit den Folgen des Lockdowns in vielen afrikanischen Staaten, insbesondere in Äthiopien aus?

Mängel im Gesundheitssektor:
Unlängst ließ Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) mit Blick auf Afrika verlauten: „An den Folgen der Lockdowns werden weit mehr Menschen sterben als am Virus”. Grund hierfür sind vor allem Engpässe in der medizinischen Versorgung. „Allein auf dem afrikanischen Kontinent rechnen wir dieses Jahr mit zusätzlich 400.000 Malaria-Toten und HIV-Opfern sowie einer halben Million mehr, die an Tuberkulose sterben werden“, so der Minister. [1]

Mängel im Wirtschaftssektor:
Erhebliche Mängel treten zudem in der Versorgung mit Nahrungsmitteln auf.
Händler fahren weniger häufig in ländliche Gebiete, um bspw. Obst und Gemüse zu kaufen. Dies führt dann zu einem erheblichen Anstieg der Preise für diese Lebensmittel in städtischen Bereichen.[2]Darüber hinaus kommt es teilweise sogar zu absoluten Stopps der Einfuhr „westlicher“ Produkte. Die lockdownbedingten Engpässe treten noch drastischer durch die Folgen der Heuschreckenplage auf (hierüber hatten wir bereits im letzten Newsletter berichtet).
All diese Umstände treffen viele Äthiopier zu einem Zeitpunkt, in dem sie ohnehin kein oder ein wesentlich geringeres Einkommen erhalten. Zahlreiche Bewohner aus Addis Abeba (u.a. auch Eltern, der von KaJo unterstützten Kinder) gehen einer Arbeit nach, die im Homeoffice nicht möglich ist. Doch selbst wenn dies in Einzelfällen theoretisch möglich ist, wird eine Arbeit von zuhause aus erheblich erschwert durch die, immer wieder auftretende und staatlich angeordnete Kappung des Internets.
Ganz besonders hart getroffen sind jene Personen, die im Bereich Tourismus gearbeitet haben; wie zum Beispiel unser Mittelsmann Kibret. Dieser Wirtschaftszweig ist fast vollständig zum Erliegen gekommen. „Und an jedem Beschäftigten des Tourismus hängen (zum Teil bis zu) zehn Familienangehörige, die von ihm leben“, so der Professor für Humangeographie Detlef Müller-Mahn. [3]
Erschreckend ist hierbei, dass Europa „Billionen-Euro-Programme“ zur Stützung der eigenen Wirtschaft beschlossen hat, zur Unterstützung der Wirtschaft afrikanischer Staaten sind hingegen keine Hilfen vorgesehen. Bundesentwicklungsminister Müller mahnt: “Für Afrika ist kein Euro zusätzlich an Unterstützung geplant. Das wird uns einholen”. [4]

Mängel im Bildungssektor:
Besonderes Augenmerk ist auf die Kollateralschäden im schulischen Bereich zu legen. Denn von der langanhaltenden Schließung der Schulen sind die von uns unterstützten Kinder ganz erheblich betroffen.
Fernunterricht, wie er u. a. in Deutschland während der Schulschließungen praktiziert wurde, ist aufgrund fehlender Kapazitäten in Addis Abeba (mangelhafter Internetzugang, fehlende Endgeräte etc.) unmöglich.
Das - im internationalen Vergleich - ohnehin hinkende Bildungssystem erfährt hierdurch einen weiteren Rückschlag. Die langfristigen Auswirkungen der damit einhergehenden Defizite auf dem Bildungsniveau können nur erahnt werden.
Neben diesen rein bildungspolitischen Konsequenzen sind die sozialen Folgen für alle Kinder, die vom schulischen Lockdown betroffen sind, nicht zu missachten. Es sei davon auszugehen, dass zahlreiche Schülerinnen und Schüler sowohl emotional als auch sozial abgehängt werden. Es sei zudem zu befürchten, dass sie mehr als nur ein Schuljahr an Entwicklung verlieren.[5]

Einmal mehr zeigt somit auch diese Krise, dass die - global gesehen und im weitesten Sinne wirtschaftlich verstanden - „Schwächeren“ am meisten zu leiden haben.
Diese Krise unterscheidet sich jedoch auch von anderen, denn kurioserweise sind die Auswirkungen nicht als unmittelbare (naturgemäße) Folgen zu sehen, sondern als mittelbare (menschengemachte) Folgen der Folgen zu bewerten.